Artikel aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 08.01.2019 – Autor : Christian Wölbert (abgerufen am 09.01.2019 um 19:48) 

Hannover. Die niedersächsische Wirtschaft fordert von der Politik mehr Anstrengungen für die Ausbildung von Fachkräften, niedrigere Steuern für Unternehmen und mehr Investitionen in Straßen und Datennetze. Besonders scharf kritisierte der Präsident der Industrie- und Handelskammer Hannover (IHK), Christian Hinsch, die Lage an den niedersächsischen Berufsschulen: Eine Unterrichtsversorgung von 90 Prozent wie im Jahr 2017 sei nicht ausreichend, sondern mangelhaft, sagte er in Gegenwart von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Montag bei der Jahresauftaktveranstaltung der IHK im Hannover Congress Centrum Hannover.

Eine aktuelle Kürzung von Budgets für Vertretungslehrer an Berufsschulen bezeichnete Hinsch als besonders ärgerlich. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Lehrkräfte.“ Nicht nachvollziehbar sei außerdem die „Widerstandshaltung“ der Politik gegen Quereinsteiger als Lehrer. Die Wirtschaft wolle ausbilden, benötige dafür aber auch den Unterricht, sagte der IHK-Präsident vor rund 1000 Gästen aus Politik und Wirtschaft.

Weil wies die Kritik in seiner Rede zurück: Die Landesregierung habe keine Mittel gekürzt. Die Berufsschulen brauchten weniger Vertretungslehrer, weil sie nun mehr Lehrkräfte fest anstellen könnten.

Die Unterrichtsversorgung von 90 Prozent solle „nicht das Endziel sein“. Man müsse bedenken, dass der Wert zuvor bei 85 oder 86 Prozent gelegen habe. Außerdem habe man sich bewusst dazu entschieden, im Flächenland Niedersachsen auch viele kleine Berufsschulen zu betreiben statt nur wenige große Einrichtungen.

Hinsch und Weil waren sich darin einig, dass die im vergangenen Jahr eingeführte Berufsorientierung für alle Schüler ein wichtiger Schritt zur Stärkung der dualen Ausbildung sei. Weil hob überdies die Bemühungen der Landesregierung hervor, die Schulen mit moderner Technik auszustatten sowie mehr Digitalprofessuren an den Universitäten einzurichten.

Unzufrieden mit Verkehrspolitik

Den Unternehmen falle es immer schwerer, Ausbildungsplätze zu besetzen, sagte Hinsch. Jugendliche und ihre Eltern bevorzugten häufig ein Studium. „In unserem Unternehmen ist jedoch auf vielen Arbeitsplätzen ein gut ausgebildeter Versicherungskaufmann wertvoller als ein mäßiger Jurist“, sagte der Kammerpräsident, der im Hauptberuf stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Versicherungskonzerns Talanx ist.

Er wies auf die Bedeutung von Steuern für Standortentscheidungen von Firmen hin. Andere Länder senkten ihre Unternehmenssteuern, während die Belastung in Deutschland steige.  Darüber hinaus kritisierte Hinsch die Stadt Hannover wegen ihrer Verkehrspolitik: Brücken würden gesperrt statt erneuert und Hauptverkehrsadern zurückgebaut. In die Schnellwege werde nicht genug investiert. „Als Landeshauptstadt eines Flächenlandes und Autolandes den Autoverkehr bewusst zu erschweren ist kleinkariert.“

IHK plant Neu- oder Umbau

Hinsch kündigte an, dass die Kammer ihre Zentrale umfangreich umbauen oder ein neues Gebäude errichten werde. Die Vollversammlung werde noch im ersten Halbjahr darüber entscheiden. Die Kosten werde man aus vorhandenen Mitteln decken. Die Beiträge der Mitgliedsunternehmen würden auch 2019 nicht erhöht. Ein IHK-Sprecher begründete die Baupläne mit dem Alter des bisherigen Gebäudes am Schiffgraben. Es stamme im Wesentlichen aus den Fünfzigerjahren, die Bausubstanz sei „marode“. Auch der Zuschnitt der Räume und die Haustechnik entsprächen nicht mehr den Anforderungen.

Artikel aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 08.01.2019 – Autor : Christian Wölbert (abgerufen am 09.01.2019 um 19:48)

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