+++Pressemeldung des BvLB vom 01. April 2020+++

BvLB: Pädagogisches Fingerspitzengefühl gefordert/Berufsbildner bieten beratende Hilfe an

Die Halbwertszeit von bildungspolitischen Aussagen in der Corona-Krise ist erschreckend kurz. Erst
am letzten Mittwoch sprachen sich die Kultusminister der Länder für ein bundesweit einheitliches
Vorgehen aus und entschieden: Alle Abschlussprüfungen finden statt. Und nur drei Tage später
stellten die ersten Kultusminister das Votum schon wieder in Frage und wollen, wenn die
Schulschließungen länger dauern, gänzlich auf Prüfungen verzichten. Der Bundesverband der
Lehrkräfte für Berufsbildung e.V. (BvLB) fordert eine bundesweit tragfähige und gerechte Lösung, um
die Chancengleichheit an den berufsbildenden Schulen für alle Schülerinnen und Schüler zu
gewährleisten. Die Berufsbildner bieten der Politik bei der Entscheidungsfindung daher als
Praktiker die notwendige beratende Unterstützung an, um so das pädagogische Fingerspitzengefühl mit
einfließen zu lassen und darüber eine breite Akzeptanz für ein wie auch immer geartetes Vorgehen zu
gewährleisten.

Fakt ist: Bundesweit findet bis zum 20. April kein Präsenzunterricht statt, bleiben die Schulen
geschlossen. Was danach kommt, kann zum jetzigen Zeitpunkt keiner vorhersagen. Insbesondere die mit
zu berücksichtigenden Sommerferien, die je nach Bundesland zwischen Juni und August beginnen,
beschränken den Handlungsrahmen in der föderalistisch ausgeprägten Bildungspolitik. „Niemand weiß,
wie lange die Corona-Krise den regulären Unterricht noch unmöglich macht. Aktuell kann die
Politik nur auf Sicht fahren. Natürlich ist das unbefriedigend, weil die gewohnte Verlässlichkeit
fehlt. Für die Lehrkräfte der berufsbildenden Schulen ist das ebenso belastend wie für Schülerinnen
und Schüler, Eltern und Ausbildungsbetriebe, die allesamt in Sorge sind, wie es weitergehen kann“,
sagen die beiden BvLB-Bundesvorsitzenden Joachim Maiß und Eugen Straubinger unisono.

In Hessen sind Teile der Abiturprüfungen an den berufsbildenden Schulen schon geschrieben worden.
„Damit ist ein bundesweit einheitliches Vorgehen, das wünschenswert gewesen wäre und die geforderte
Gerechtigkeit garantiert hätte, nicht mehr gegeben. Neben dem Abitur, das schnell als Blaupause
herangezogen wird, aber nicht Maß aller Dinge ist, gibt es noch eine ganze Phalanx an anderen
Prüfungen, allen voran die Berufsabschlussprüfungen der Kammern, die bei der Entscheidungsfindung
mit berücksichtigt werden müssen“, sagt Straubinger. Die Szenarien, die die Kultusminister
durchspielen, reichen von: „Nach Ostern wird der Schulbetrieb wieder aufgenommen“ über „die
Schulen bleiben bis zu den Sommerferien geschlossen“ bis hin zu „Prüfungen erfolgen im Notbetrieb“
und „Abschlüsse werden auf Basis der bisherigen Leistungen vergeben“.

„Ganz egal, für welche Lösung sich die Kultusminister in der Krisensituation entscheiden werden,
erklärtes Ziel muss sein, dass die Entscheidungen so gerecht wie eben möglich sind und das sie das
notwendige pädagogische Fingerspitzengefühl beinhalten, um darüber auch Akzeptanz bei allen
Beteiligten zu erfahren. Die Berufsbildner verfügen über die fachliche und sachliche, didaktische
wie pädagogische Kompetenz, um der Politik hier beratend zur Seite zu stehen, und sind es als
Praktiker gewohnt, pragmatische Lösungen zu finden. Wir sind bereit, die Kultusminister in ihrem
Corona-Dilemma bei der Entscheidungsfindung mit unserer Expertise zu unterstützen“, sagen Maiß
und Straubinger unisono.


Der Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung e.V. vertritt in Deutschland über
39.000 Lehrerinnen und Lehrer.