Lehrerverbände BLVN und VLWN brandmarken AFD-Portal als Aufruf zum Denunziantentum/ Provokante Äußerungen von Politikern werden weiterhin im Unterricht thematisiert
Die AFD-Fraktion im niedersächsischen Landtag hat in dieser Woche ihr Internet-Portal freigeschaltet, auf dem vermeintliche Verstöße von Lehrern gegen die Neutralitätspflicht im Unterricht gemeldet werden sollen. „Das ist Anstiftung zum Denunziantentum und der Versuch, Pädagogen dahingehend einzuschüchtern, den Bildungsauftrag aufzuweichen und auf dem rechten Auge ein wenig blind zu sein. Ein gesundes Demokratieverständnis erfordert kritische Blicke. Und das vermitteln wir an den Schulen – auch zukünftig“, sagt Joachim Maiß, Vorsitzender des Landesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen (VLWN), und bekräftigt: „Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, das wir verteidigen werden, indem wir unseren Kolleginnen und Kollegen den Rücken stärken. Denn das Neutralitätsgebot birgt keinen Hinderungsgrund, sich kritisch und differenziert mit den Parteien auseinanderzusetzen“.
Dass der Niedersächsische Kultusminister Grant-Henrik Tonne in einem Rundschreiben an die Schulen im Land zu Gelassenheit im Umgang mit dem Portal aufruft und Lehrkräfte ermutigt, für Freiheit Demokratie sowie gegen Gewalt, Ausgrenzung und Fremdenhass Stellung zu beziehen, bezeichnet Ralph Böse, Landesvorsitzender des Berufsschullehrerverbands Niedersachsen, dabei ausdrücklich als wichtiges und wohltuendes Zeichen zur richtigen Zeit – gerade deshalb, weil die Pädagogen im Arbeitsalltag im Klassenraum auf sich selbst gestellt sind und sie sich darauf verlassen müssen, dass der Dienstherr im Fall des Falles hinter ihnen steht.
Umso wichtiger sei es eben, das AFD-Portal als das zu brandmarken, was es ist, „ein billiges Instrument, um die Lehrfreiheit durch Angstmache und Einschüchterung zu unterwandern. Provokante Äußerungen von Politikern jedweder Couleur werden auch weiterhin im Unterricht thematisiert, um Schülerinnen und Schülern das nötige Urteilsvermögen zu vermitteln, um zu aufgeklärten Bürgern heranzuwachsen“, sagt Maiß und fordert: „Den Versuch, mit einer Internetplattform vermeintliche Verstöße im Unterricht melden zu wollen, verurteilen wir aufs Schärfste”
Die Arbeitsgruppe Junge Berufs- und Wirtschaftspädagogen lud in diesem Jahr zu dem Symposium „Traumberuf Lehrkraft an berufsbildenden Schulen – Vom Hörsaal in den Klassenraum“ in Nürnberg ein. Rund 100 Studierende und Referendare aller Berufsfelder, die später in berufsbildenden Schulen unterrichten werden, nahmen vom 16.11.- 17.11.2018 an dem Symposium in dem Gebäude der Beruflichen Schule 9 in Nürnberg teil. Auch die Verbandsmitglieder Bengt-Ole Lienhöft, Wiebke Vorpahl und Eileen Zimbal, der Studierendenbetreuung des Ortsverbandes der Universität Göttingen, ließen es sich nicht nehmen, sich auf den Weg nach Nürnberg zu begeben.
Die Tagung wurde von Franziska Pertek, Vorsitzende der AG Junge Berufs- und Wirtschaftspädagogen, am 16.11.2018 um ca. 16.30 Uhr eröffnet. Sie stellte sich und die weiteren Mitglieder der Arbeitsgruppe, Thorben Teyke und Patrick Geiser, vor. Es erfolgte ein kurzer Überblick über den Verlauf der Veranstaltung. Das Wort wurde dann an Karl Girtler, Versicherungskammer Bayern, weitergegeben. Herr Girtler informierte die Teilnehmer in seinem Vortrag „Absicherung für Beamtenanwärter – Worauf muss ich achten?“ über Kranken-, Pflege- und Dienstunfähigkeitsversicherung.
Nach einer kurzen Pause startete dann auch der Höhepunkt des Symposiums, die Podiumsdiskussion zum Thema „Übergang von der ersten in die zweite Phase der Ausbildung“. Die Studierenden wurden durch Herrn Aulenbacher, Student der Universität Mainz, vertreten. Frau Prof. Thimet, staatl. Seminar für Didaktik Berufliche Schulen Karlsruhe, Herr Prof. Wilbers, Friedrich-Alexander-Universität Universität Erlangen-Nürnberg, Herr Männlein, Schulleiter der staatl. Berufsschule Bamberg waren weitere Teilnehmer der Diskussion. Herr Mettler, Stellvertretender Pressesprecher des BvLB, fungierte als Moderator. Themen der Debatte waren unteranderem die Digitalisierung des Lehrerberufs und die damit einhergehende Veränderung für die Studierenden. Aber auch die Schlagwörter Migration – Integration – Inklusion stellen die Lehrkräfte weiterhin vor Herausforderungen. Die damit einhergehende Angst der Studierenden vor dem Übergang der Universität ins Referendariat bzw. in die Schule bereitet vielen Studienabsolventen Kopfzerbrechen. Prof. Wilbers betont, dass Ängstlichkeit und Nervosität jedoch etwas Gutes im pädagogischen Bereich seien, denn das bedeute, dass die Arbeit ernst genommen werde. Das Studienseminar Karlsruhe bietet für diesen Rahmen Coaching-Seminare im Referendariat an, um die Referendare aktiv bei Problemen wie diesen zu unterstützen. Frau Prof. Thimet bekräftigt die Studierenden und Referendare sich aktiv Hilfe zu suchen.
In der zweiten Hälfte der Podiumsdiskussion hatten die Zuhörer die Möglichkeit Fragen an die Teilnehmer zu richten. Ein Themenschwerpunkt lag bei den Fortbildungen der Medienkompetenzen in Bezug auf die Digitalisierung des Lehrerberufs. Die Zuhörer waren der Ansicht, dass Studierende und auch Lehrkräfte zu wenig in diesem Bereich geschult werden. Herr Männlein verwies darauf, dass dies noch nicht im Curriculum verankert sei und auch noch keine Standards dafür formuliert seien. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, warf Herr Mettler ein, dass die junge Generation der Studenten doch eigentlich mit Medien aufgewachsen sei und in diesem Bereich keine Probleme haben sollte.
Ein weiterer Interessenpunkt der Zuhörer war der Theorie-Praxis-Bezug in der Ausbildung an den Universitäten. Es entstand eine rege Diskussion, denn dieses Thema schien jedem Zuhörer am Herzen zu liegen. Das Publikum teilte sich in zwei Meinungsgruppen auf: zum einen diejenigen, die meinen, dass es in der Lehrerausbildung zu wenig Praktika gebe und damit ein zu geringer Praxisbezug herrsche, der von den Universitäten behoben werden solle. Zum anderen diejenigen, die möglicherweise derselben Auffassung sind, aber selbst tätig werden und freiwillige Praktika wahrnehmen. Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, die Universitäten sind für die Vermittlung von fachlichem Wissen verantwortlich, das Studienseminar für den praktischen Bezug. Studierende anderer Fächer wie beispielsweise der BWL bemühen sich eigenständig um Praktika, warum nicht die Lehramtsstudierenden? Mit dieser Frage wurde die Podiumsdiskussion geschlossen.
Es bleibt vor dem Abendessen noch kurz Zeit mit Prof. Wilbers, der unteranderem auch der Autor des Werks „Wirtschaftsunterricht gestalten“ ist, ein Selfie zu machen. Das Abendessen fand im Restaurant Bratwurst Röslein bei traditionellem nürnbergischem Essen statt. Mit angenehmen Gesprächen klang der Abend bei einem Bier aus.
Nach einem ausgiebigen Frühstück im A&O Hostel startete das Symposium am 17.11.2018 mit der Vorstellung des BvLB und der Erläuterung der Fusionierung mit dem VLW durch Thorben Teyke. Im Anschluss erhielt Herr Wilbers, Professor der Universität Erlangen-Nürnberg, das Wort. Mit seinem Vortrag zum Thema „Industrie 4.0: Eine Herausforderung und eine Chance beruflicher Bildung“ stellte dieser den Verlauf der Digitalisierung vor. Derzeit würden Maschinen bereits 43% der kaufmännischen Tätigkeiten übernehmen können. Die Beschäftigungswirkungen gehen in diesem Bereich dennoch gegen 0. Die Jobs würden sich wandeln, jedoch fallen die Arbeitsstellen nicht weg, es würden durch die Digitalisierung neue Tätigkeiten entstehen. Prof. Wilbers ist überzeugt – es herrsche eine klasse Dynamik! Auch in der Lehrerbildung werde sich einiges ändern, die Studierenden sollen auf die solide Ausbildung in der ersten wie auch zweiten Phase vertrauen. Diese werden in diesen Phasen dazu befähigt, sich selbst weiterzuentwickeln und der Dynamik, von der Prof. Wilbers sprach, gewappnet begegnen zu können.
Ab 10:30 Uhr ging es dann für alle Teilnehmer in Workshops. Zur Wahl standen „Zeitmanagement“,„Classroommanagement“, „Jedes Wort wirkt“ und „Implementierung digitaler Medien in den Unterricht“, von denen jeder zwei Angebote auswählte.
Franziska Pertek bedankte sich abschließend bei allen Teilnehmern für das Interesse und die Beteiligung. Als Dankeschön erhielten die Anwesenden eine Powerbank mit dem Logo des BvLB. Für die Göttinger Studierendenbetreuung ging es im Anschluss direkt zum Zug in Richtung Göttingen. Zusammenfassend war es eine gelungene Veranstaltung mit viel Spaß, neuen Kontakten und Eindrücken, die an der einen oder anderen Stelle zum Nachdenken anregte.
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Joachim Maiß, der Vorsitzendes des Bundesverbandes der Lehrkräfte für Berufsbildung, erläutert kurz, knapp und treffend das Problem des Nachwuchses an berufsbildenden Schulen!
Die von der AfD in Baden-Württemberg freigeschalteten „Meldeplattformen für neutrale Bildung“ verurteilt der VLWN mit aller Deutlichkeit. „Wir empfinden es als in höchstem Maße verantwortungslos, Schülerinnen und Schüler zur Denunziation ihrer Lehrerinnen und Lehrer anzuhalten“, so der VLWN-Landesvorsitzende Joachim Maiß. Bespitzelungen gehören zu diktatorischen Regimen und haben in einer Demokratie keinen Platz. Die AfD offenbart mit ihrer Maßnahme ein gravierendes Defizit in puncto Demokratieverständnis.
Schule ist ein sensibler Raum. Unterricht kann nur gelingen, wenn ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden besteht. Dieses Vertrauen wird durch diese auf Denunziation ausgerichtete Meldeplattform massiv gestört – auf beiden Seiten. Auch öffnet die auf der Plattform erlaubte Anonymität der Meldungen Tür und Tor für „Generalabrechnungen“ mit einzelnen Lehrerinnen und Lehrern. Die Dynamik anonymer Hetze ist aus den sozialen Medien inzwischen hinlänglich bekannt.
Mit ihrer Denunziationsplattform will die AfD offenbar verhindern, Konflikte mit den Beteiligten direkt zu klären. Es gibt an den Schulen und in den Schulverwaltungen ausreichend Instrumente und Ansprechpartner für Kritik und Probleme jeglicher Art: von den Klassenlehrern über Vertrauenslehrer bis hin zu Schulsozialarbeitern und den Schulleitungen selbst. Die beruflichen Schulen verfügen außerdem über eine funktionierende Feedback-Kultur. Schüler-Lehrer-Feedback ist an allen beruflichen Schulen ein fester Bestandteil des Leitbildes.
Das mangelnde Demokratieverständnis der AfD spiegelt sich auch im Titel der Meldeplattformen wider. Der von der AfD gerne angeführte Beutelsbacher Konsens, die Grundlage der politischen Bildung seit den 1950er-Jahren, verwendet an keiner Stelle die Begriffe „neutral“ oder „Neutralität“. Lehrerinnen und Lehrer dürfen nicht „neutral“ sein, wenn es um Gefährdungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung geht. Dafür haben sie einen Eid auf die Verfassung geleistet.
Ziel des Beutelbacher Konsenses und damit des politischen Unterrichts ist die „Mündigkeit des Schülers“. Um dies zu erreichen, gilt erstens das “Überwältigungsverbot”, das heißt, die Schülerinnen und Schüler dürfen nicht durch Überrumpelung an der “Gewinnung eines selbständigen Urteils” gehindert werden. Dabei gilt zweitens: „Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.“ Das dritte Grundprinzip lautet: „Der Schüler muss in die Lage versetzt werden, eine politische Situation und seine eigene Interessenlage zu analysieren, sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefundene politische Lage im Sinne seiner Interessen zu beeinflussen.“
Es liegt somit auf der Hand, dass strittige Ansichten und Haltungen von Parteien Gegenstand des Schulunterrichts sein müssen. Wenn die AfD dies negiert, hat sie für den VLWN-Landesvorsitzenden Maiß „ganz offensichtlich ein Problem mit Pluralismus, einer offenen Diskussionskultur und demokratischen Konfliktlösungsstrategien“.
Die Kolleginnen und Kollegen der Handelslehranstalt Hameln schließen sich den Forderungen der Lehrergewerkschaften an und wenden sich in einer gemeinsamen Fotoaktion gegen die Bildungspolitik der Landesregierung.
Die GEW hatte zur Demonstration in Hannover aufgerufen und alle Schulen des Landes um Unterstützung für ihre Forderungen gebeten. Die Lehrerinnen und Lehrer wollen gegen die aktuelle Bildungspolitik der Landesregierung demonstrieren, die dafür verantwortlich ist, dass
– viel zu viele Lehrerstellen fehlen – seit langem und absehbar
– viel zu viele Überstunden gemacht werden müssen – zu Lasten der Qualität
– wir reale Gehaltseinbußen hinnehmen müssen – bei zunehmenden Aufgaben
– ältere KuK nicht angemessen entlastet werden – zu Lasten der Gesundheit
– zu wenig Ressourcen für zu viele neue Herausforderungen bereitgestellt werden
– Grundschullehrkräfte zu schlecht bezahlt werden.
Die momentanen Bedingungen sind mit Sicherheit ein Grund dafür, dass sich junge Menschen nicht für unseren eigentlich doch sehr schönen Beruf entscheiden – und das ist gesellschaftlich eine Katastrophe! Zwar gibt es vor allem beim letzten Punkt Diskrepanzen zwischen KuK und den einzelnen Interessensvertretungen, aber alleLehrerinnen und Lehrer sind sich darüber einig, dass die Belastungen durch neue Aufgaben übermäßig zugenommen haben. Zu nennen sind hier vor allem die zunehmende Bürokratisierung- und Digitalisierung, die Kürzung von Anrechnungsstunden und die allgemeine Verknappung der zur Verfügung stehenden Ressourcen, der ständige Wandel der curricularen und didaktischen Ausrichtung und die Kürzung von Entlastungsstunden. Diese Belastung zeigt sich nachweislich in immer steigenden Ausfall- und Krankheitszeiten und widerspricht letztendlich dem von der Landesregierung verfolgtem Ziel der „Gesundheitsförderung und -erhaltung“ für Lehrerinnen und Lehrer!
Deswegen schließen wir uns als Kollegium den Forderungen an und hoffen darauf, dass bei zukünftigen politischen Entscheidungen eine nachhaltige Bildungspolitik im Interesse aller gestaltet wird. Für eine gute Perspektive in unserem Land, wo ein kluger, aufgeklärter, humanistischer, toleranter Geist mit hohem Bildungsniveau dumpfem Populismus und plakativen Parolen Einhalt gebietet!