Digitalisierung der beruflichen Bildung „Jenseits des Kabels“

Digitalisierung der beruflichen Bildung „Jenseits des Kabels“

BvLB-Regionalkonferenz in der MMBbS: 100 Experten liefern Impulse

Der Mensch lernt linear, nicht exponentiell. Schneller lernen klappt also nicht. Um bei der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft dennoch Schritt halten zu können, muss die berufliche Bildung „Jenseits des Kabels“ auf allen Feldern revolutioniert und intelligente Konzepte entwickelt werden. Das ist die Quintessenz der eintägigen Regionalkonferenz des Bundesverbandes der Lehrkräfte für Berufsbildung e.V. (BvLB). Gut 100 Experten aus neun Bundesländern, darunter Vertreter der Politik, der Schulbehörden und Pädagogen, haben am 3. Mai in der Multi-Media Berufsbildenden Schule (MMBbS) in Hannover in Fishbowls Impulse geliefert, um die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern.

Bundesvorsitzende Eugen Straubinger und Joachim Maiß

„Wie sehr die Digitalisierung das Alltagsleben immer weiter verändern wird, kann niemand voraussagen. Gerade die berufliche Bildung steht vor der schwierigen Aufgabe, für eine Zukunft auszubilden, von der man nicht weiß, wie sie aussieht. Um hier erfolgreich zu sein, müssen wir Technik und Didaktik zusammenführen und nicht nur Technik um der Technik willen installieren“, sagte Grant Hendrik Tonne in seiner Eröffnungsrede der BvLB-Regionalkonferenz. Für Niedersachsens Kultusminister gibt es unterschiedliche Handlungsfelder, die im Grunde zeitgleich angegangen werden müssen. Der Themenfächer reicht von der verbindlichen Medienkompetenz-Vermittlung über den Aufbau von Kompetenzzentren für die Lehrerbildung bis hin zur Weiterentwicklung von Cloud-Lösungen.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

Für den BvLB sind Gigabit für alle, leistungsstarkes W-LAN in allen Klassenräumen, „Bring your own device“ (BYOD) und Cloudtechnologie gesetzte Standards bei der Digitalisierung des schulischen Alltags, über die man nicht mehr reden muss. „Maßgeblich ist, dass die offensichtlichen Probleme, an denen die Digitalisierung jenseits des Kabels zu scheitern droht, benannt werden“, sagte Joachim Maiß, BvLB-Vorsitzender.

Professor Dr. Andreas Breiter, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Informationsmanagement Bremen GmbH an der Uni Bremen, leitete als Keynote-Speaker in das Thema „Entwicklungen in der digitalen Transformation für die berufliche Bildung in der digitalen Welt“ ein und weitete den Blick aufs Thema. „Wir brauchen Learn-Labs, wo die Transformation gelebt wird und digitale Klassenräume, die über Schulgrenzen hinweg untereinander vernetzt sind und einen Wissenstransfer ermöglichen.“

Prof. Dr. Andreas Breiter

Julia Gillen, Professorin für Berufspädagogik an der Leibniz-Universität Hannover und Direktorin der Leibniz School of Education, fokussierte als zweite Keynote-Speakerin auf die Frage: „Stehen wir in der beruflichen Bildung aufgrund der digitalen Transformation vor einem Paradigmenwechsel?“ Die Antwort: Pädagogisch nein, technisch schon. „Künftig übernimmt der Lernende die aktive Rolle. Der Lehrende schafft den nötigen Rahmen für relevante Lernfelder. Das ist diametral zum heutigen Frontalunterricht.“

Prof. Dr. Julia Gillen

Der Veränderungsprozess ist längst in vollem Gange. „60 Prozent der heute 6- bis 13-Jährigen werden künftig in einem Beruf arbeiten, den es heute noch gar nicht gibt“, sagte Staatssekretär Stefan Muhle vom Niedersächsischen Wirtschaftsministerium als Fishbowl-Diskutant. Nur ein Zahlenbeispiel für den rasanten digitalen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft.

Der Fokus bei der Konferenz lag auf folgenden Fragen: Wie können didaktische Konzepte für die berufliche Bildung in und für eine digitale Welt aussehen? Welche Rolle übernimmt Schule in einer von der Digitalisierung immer stärker bestimmten Gesellschaft? Für welche Arbeits- und Berufswelt muss Schule künftig ausbilden? Und wie soll die Lehrerbildung als Voraussetzung für eine gelingende Digitalisierung aussehen?

„Aus den Impulsen definieren wir jetzt Handlungsempfehlungen, die beim BvLB-Berufsbildungskongress Mitte November in Berlin in einem Forderungskatalog münden werden. Diesen legen wir dann der Politik vor, um die berufliche Bildung in der digitalen Transformation nachhaltig zu stärken. Die beruflichen Schulen sind das Bindeglied zur Wirtschaft. Die Anforderungen der Betriebe sind maßgeblich für das, was wir vermitteln“, sagten die zwei BvLB- Bundesvorsitzenden Joachim Maiß und Eugen Straubinger unisono.

 

 

Fishbowl Impressionen:

Die wesentlichen Ergebnisse der Keynotes und der Fishbowls zeigen die hervorragenden Graphic Recordings  (Sketchnotes)

Keynote 1

 

Keynote 2

Keynote 2

Fishbowl 1

Fishbowl 2

Fishbowl 3

 

Der Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung e.V. vertritt in Deutschland über 39.000 Lehrerinnen und Lehrer.       

BvLB – DIE BERUFSBILDNER

VLWN begrüßt den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst

Tarifabschluss muss nun auf die Beamten übertragen werden

Der Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen in Niedersachsen wertet das Tarifergebnis als einen guten Abschluss. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Bundesländer erhalten über die Laufzeit von 33 Monaten (bis 30. September 2021) rund 8 % mehr Gehalt, mindestens 240,00 Euro. Die lineare Steigerung beträgt im Gesamtvolumen 3,2% (mindestens 100 Euro) zum 1. Januar 2019, nochmals 3,2% (mindestens 90 Euro) zum 1. Januar 2020 und schließlich 1,4% (mindestens 50 Euro) zum 1. Januar 2021. Zudem wird die Angleichungszulage für angestellte Lehrkräfte von bisher 30,00 auf 105,00 Euro erhöht und stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Paralleltabelle dar.

„Der öffentliche Dienst wird mit dem Abschluss gestärkt. Mit der Einigung hat der öffentliche Dienst Anschluss an die allgemeine Einkommensentwicklung gehalten. Die Arbeit der Beschäftigten wird angemessener honoriert und wird damit attraktiver.“, betont Bundesvorsitzender Eugen Straubinger. „Wir erwarten eine zeit- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifabschlusses auf die Landesbeamten. Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, die erreichten Verbesserungen auch den verbeamteten Lehrkräften zukommen zu lassen, denn nur so werden diese an der finanziellen und wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Und vor dem Hintergrund des aktuellen Lehrermangels muss der Lehrerberuf attraktiver werden“ so der Bundesvorsitzender Joachim Maiß, der auch Landesvorsitzender des VLWN ist.

Strategierat Niedersachsen – Digitalisierungsstrategie

Ein paar persönliche Bemerkungen vorab (von J. Maiß)

Es ist ein wenig ungewöhnlich im Wirtschaftsministerium inmitten der Wirtschaftsverbände als einfacher Schulleiter und einziger Lehrerverbands-, ja sogar einziger Lehrervertreter zu sitzen, aber es ist gut, der Digitalisierungsentwicklung in Niedersachsen einige Komponenten aus dem Bildungsbereich mitzugeben.
Seit Oktober 2018 tagt der von Herrn Staatssekretär Muhle eingerichtete Strategierat.
Förderprogramme, die sich zwar primär an die Wirtschaft wenden und andere Ideen, wie der Digitale Reifegrad, der Digitalhub, die Digitalagentur oder der Digitalbonus werden in diesem Gremium im Vorfeld der offiziellen Verbandsanhörung des Wirtschaftsministeriums diskutiert. In der heutigen Sitzung war Minister Althusmann dabei und verdeutlichte nochmals eindrucksvoll seine Vison vom Digitalen Niedersachsen.
Er betonte ausdrücklich mit dieser Vision nicht zum Arzt zu wollen oder müssen, da er sicher sei, dass es für alle Niedersachsen bis 2022 bzw. 2025 eine deutlich bessere digitale Zukunft geben wird.
Alle vertreten Verbände und Institutionen unterzeichneten die gemeinsame Erklärung nach dem Minister.
Zum Schluss sei diese Bemerkung erlaubt: Das Wort Bildung und gerade auch Berufliche Bildung ist in den Räumen des Wirtschaftsministeriums deutlich häufiger zu vernehmen, als in Presseerklärungen des MK.

 

Die offizielle Mitteilung dazu

Memorandum of Understanding – Strategierat Niedersachsen

Das Land Niedersachsen fokussiert mit seiner Digitalisierungsstrategie die systematische Umstellung auf digitale Prozesse und Produkte in Mittelstand und Handwerk. Ziel und Anspruch sind es, den nationalen Benchmark beim Digitalisierungsgrad in kleinen und mittelständischen Unternehmen zu setzen. Hierzu ist es erforderlich, dass neben der strategischen Planung insbesondere auch die Umsetzung von konkreten Maßnahmen und Arbeitsprogrammen zur Zielerreichung vorangetrieben werden. Mit der Digitalagentur Niedersachsen und dem Digitalbonus werden zwei konkrete Maßnahmen der Digitalisierungsstrategie umgesetzt. Der gesamte Transformationsprozess kann nur in Zusammenarbeit mit den niedersächsischen Kammern, Innungen und Verbänden gelingen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, hat sich am 3. September 2018 der Strategierat Niedersachsen konstituiert, der über alle Branchen einen vertrauensvollen und zielorientierten Dialog zwischen Wirtschaft und Politik realisiert.

Der Strategierat Niedersachsen ist sich einig, dass zunächst gemeinsam geeignete Indikatoren für den Digitalisierungsgrad definiert werden müssen, um die Digitalisierung in Niedersachsen messbar zu machen. Damit wird gleichzeitig die Grundlage geschaffen, die aktuelle Position und angestrebte Vorreiterrolle Niedersachsens in der Digitalisierung transparent zu machen. Alle Mitglieder des Strategierats unterstützen daher die Bestrebungen des niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung zur weiteren Ausgestaltung und Erhebung der aus diesen Indikatoren resultierenden Kenngrößen. Durch Beschluss auf der 2. Sitzung des Strategierats am 9. November 2018 umfassen die Indikatoren zunächst die folgenden Indikationsfelder:

  • Bildungseinrichtungen
  • Digitalberatung
  • Umsetzungsprojekte der Digitalisierung
  • Digitaler Reifegrad
  • Breitbandinfrastruktur gewerblich
  • Breitbandinfrastruktur der Bildungseinrichtungen
  • Fachkräftepotenzial

Für die Entwicklung von messbaren Digitalisierungsindikatoren in den Indikationsfeldern unterstützen alle Mitglieder darüber hinaus das Innovationszentrum Niedersachsen durch die Integration von gemeinsam entwickelten Fragen zur Erhebung in laufenden Befragungen ihrer Mitgliedsbetriebe oder durch die Verbreitung einer gemeinsam entwickelten Befragung.

Das Land Niedersachsen richtet die Maßnahmen der Digitalisierungsstrategie anschließend so aus, dass der vom Strategierat definierte Digitalisierungsgrad im niedersächsischen Mittelstand und Handwerk maßgeblich gesteigert werden kann. Darüber hinaus ist sich der Strategierat einig, dass die praktischen Erfahrungen aller Mitglieder genutzt werden, um die Digitalisierungsmaßnahmen zu evaluieren und im gegenseitigen Austausch effizient und zielgerichtet weiterzuentwickeln.

Minister Althusmann unterschreibt die gemeinsame Erklärung

Staatssekretär Muhle

Digitaler Strategierat – Die Unterzeichner

Unterzeichner:

AGA Unternehmensverband, Arbeitgeberverband ChemieNord, Arbeitgeberverband der Deutschen Kautschukindustrie e.V., Arbeitgeberverband der Zuckerfabriken Norddeutschlands e.V., Baugewerbe-Verband Niedersachsen, Evangelische Akademie Loccum, DIE FAMILIENUNTERNEHMER e.V., Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V., Handelsverband Niedersachsen-Bremen e.V., IHK Niedersachsen, Industrieverband Niedersächsischer Metall- und Elektrounternehmen e.V., Innovationszentrum Niedersachsen, Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen e.V., Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen, MMBBS Hannover, Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, NBank, Niedersachsenmetall, Unternehmensverbände Handwerk Niedersachsen e.V., Unternehmerverbände Niedersachsen e.V., Verband der Chemischen Industrie Landesverband Nord, Verband Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitende Industrie Norddeutschlands e.V..

Unterricht muss stattfinden

Der Minimalkonsens ist einfach: Unterricht muss stattfinden. Da sind sich Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne und sämtliche Lehrerverbände einig.

Nur wie das in der Praxis vor allem in den berufsbildenden Schulen umgesetzt werden soll, die seit Jahren mit  einer 10-prozentigen Unterdeckung kämpfen müssen und im Durchschnitt eine Unterrichtsversorgung von gerade 88 Prozent haben, darüber scheiden sich die Geister. Zu einem Brandgespräch hat die Niedersächsische Direktorenvereinigung Berufsbildenden Schulen e.V. (NDVB) in Kooperation mit dem VLWN am 19. Februar Minister Tonne eingeladen. Knapp 100 Schulleiterinnen und Schulleiter hörten dem SPD-Politiker im Foyer der MMBbS an der EXPO Plaza sehr genau zu – und waren am Ende nicht schlauer als vorher.

Es fehlt an Lehrkräften, die am Markt gar nicht mehr zu bekommen sind und auch nicht auskömmlich  ausgebildet werden. Aber vor allem fehlt es an einem frei verfügbaren Budget, mit dem die Schulleiter bisher selbstverwaltet den Lehrbetrieb aufrecht erhalten, in dem externe Kräfte zugebucht werden. Das Land musste gerade die Zuweisung dieser Mittel für 2019 um gut 60 Prozent senken, ohne einen Ausgleich zu schaffen. Das ist hochdramatisch, da eine große Zahl von befristeten Lehrkräfte aus diesem Budget finanziert werden. Somit ist völlig unklar, ob nach den Sommerferien viele Fächer möglicherweise gar nicht mehr unterrichtetet werden können und die Qualität der Lehre zu Lasten der Schülerinnen und Schüler immer weiter runtergefahren werden muss. Abfragen an berufsbildenden Schulen, die anlässlich der Veranstaltung in der Multi Media BBS dem Minister Schreiben zu ihrer konkreten Situation überreicht haben, gehen von einem künftigen zusätzlichen Fehl von 2-4 Stellen pro Schule aus. Eine weitere Verschlechterung der Unterrichtsversorgung um 3-4 Prozent wird von den Schulleitungen für das laufende Schuljahr erwartet.

Der Minister hatte auch diesmal ein offenes Ohr, nur leider wieder einmal nichts Konkretes im Angebot.  Das einzige Versprechen, dass er geben mochte, war: Dass die Restmittel des Haushalts 2018, deren Höhe noch nicht quantifizierbar sei, ausgeschüttet werden – und die BBSen einen Teil davon erhalten. Die Erwartungshaltung der Schulleiter war eine andere.

Begrüßung des Ministers

Schulleiter/-innen in gespannter Erwartung

Der Minister spricht in der MMBBS in Hannover

Bündnis Duale Berufsausbildung – Woche der Beruflichen Bildung

Pressemitteilung der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 08.01.2019:

Bündnis Duale Berufsausbildung – Woche der Beruflichen Bildung

Die Niedersächsische Landesregierung bekennt sich zur beruflichen Bildung und setzt das „Bündnis Duale Berufsausbildung“ engagiert fort. Vom 1. bis 7. April 2019 wird zudem eine gemeinsame „Woche der beruflichen Bildung“ stattfinden.

Dabei soll die berufliche Ausbildung als Alternative zu einem Hochschulstudium ebenso thematisiert werden wie ihre Anschlussfähigkeit an alle Angebote der beruflichen Weiterbildung oder zu einem Hochschulstudium.

Die Landesregierung bekräftige damit das politische Bekenntnis zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung und leiste einen Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs, sagte Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne.

Die Mitglieder des Kabinetts der Niedersächsischen Landesregierung haben vereinbart, in der Woche vom 1. bis 7. April 2019 Orte der beruflichen Bildung zu besuchen und im ressortbezogenen Kontext für die berufliche Bildung zu werben. Diese Orte seien unter anderem Ausbildungsbetriebe, Berufsbildende Schulen, Schulen und Orte der praktischen Ausbildung der Gesundheitsfachberufe und vollzeitschulischen sozialen Berufe und überbetriebliche Bildungsstätten.

Im Bündnis Duale Berufsausbildung ist im Rahmen der Fachkräfteinitiative ein Gremium für die berufliche Bildung entstanden, das wertvolle konstruktive Vorschläge zur Stärkung der Berufsausbildung erarbeitet.

IHK fordert mehr Berufsschullehrer

Artikel aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 08.01.2019 – Autor : Christian Wölbert (abgerufen am 09.01.2019 um 19:48) 

Hannover. Die niedersächsische Wirtschaft fordert von der Politik mehr Anstrengungen für die Ausbildung von Fachkräften, niedrigere Steuern für Unternehmen und mehr Investitionen in Straßen und Datennetze. Besonders scharf kritisierte der Präsident der Industrie- und Handelskammer Hannover (IHK), Christian Hinsch, die Lage an den niedersächsischen Berufsschulen: Eine Unterrichtsversorgung von 90 Prozent wie im Jahr 2017 sei nicht ausreichend, sondern mangelhaft, sagte er in Gegenwart von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Montag bei der Jahresauftaktveranstaltung der IHK im Hannover Congress Centrum Hannover.

Eine aktuelle Kürzung von Budgets für Vertretungslehrer an Berufsschulen bezeichnete Hinsch als besonders ärgerlich. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Lehrkräfte.“ Nicht nachvollziehbar sei außerdem die „Widerstandshaltung“ der Politik gegen Quereinsteiger als Lehrer. Die Wirtschaft wolle ausbilden, benötige dafür aber auch den Unterricht, sagte der IHK-Präsident vor rund 1000 Gästen aus Politik und Wirtschaft.

Weil wies die Kritik in seiner Rede zurück: Die Landesregierung habe keine Mittel gekürzt. Die Berufsschulen brauchten weniger Vertretungslehrer, weil sie nun mehr Lehrkräfte fest anstellen könnten.

Die Unterrichtsversorgung von 90 Prozent solle „nicht das Endziel sein“. Man müsse bedenken, dass der Wert zuvor bei 85 oder 86 Prozent gelegen habe. Außerdem habe man sich bewusst dazu entschieden, im Flächenland Niedersachsen auch viele kleine Berufsschulen zu betreiben statt nur wenige große Einrichtungen.

Hinsch und Weil waren sich darin einig, dass die im vergangenen Jahr eingeführte Berufsorientierung für alle Schüler ein wichtiger Schritt zur Stärkung der dualen Ausbildung sei. Weil hob überdies die Bemühungen der Landesregierung hervor, die Schulen mit moderner Technik auszustatten sowie mehr Digitalprofessuren an den Universitäten einzurichten.

Unzufrieden mit Verkehrspolitik

Den Unternehmen falle es immer schwerer, Ausbildungsplätze zu besetzen, sagte Hinsch. Jugendliche und ihre Eltern bevorzugten häufig ein Studium. „In unserem Unternehmen ist jedoch auf vielen Arbeitsplätzen ein gut ausgebildeter Versicherungskaufmann wertvoller als ein mäßiger Jurist“, sagte der Kammerpräsident, der im Hauptberuf stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Versicherungskonzerns Talanx ist.

Er wies auf die Bedeutung von Steuern für Standortentscheidungen von Firmen hin. Andere Länder senkten ihre Unternehmenssteuern, während die Belastung in Deutschland steige.  Darüber hinaus kritisierte Hinsch die Stadt Hannover wegen ihrer Verkehrspolitik: Brücken würden gesperrt statt erneuert und Hauptverkehrsadern zurückgebaut. In die Schnellwege werde nicht genug investiert. „Als Landeshauptstadt eines Flächenlandes und Autolandes den Autoverkehr bewusst zu erschweren ist kleinkariert.“

IHK plant Neu- oder Umbau

Hinsch kündigte an, dass die Kammer ihre Zentrale umfangreich umbauen oder ein neues Gebäude errichten werde. Die Vollversammlung werde noch im ersten Halbjahr darüber entscheiden. Die Kosten werde man aus vorhandenen Mitteln decken. Die Beiträge der Mitgliedsunternehmen würden auch 2019 nicht erhöht. Ein IHK-Sprecher begründete die Baupläne mit dem Alter des bisherigen Gebäudes am Schiffgraben. Es stamme im Wesentlichen aus den Fünfzigerjahren, die Bausubstanz sei „marode“. Auch der Zuschnitt der Räume und die Haustechnik entsprächen nicht mehr den Anforderungen.

Artikel aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 08.01.2019 – Autor : Christian Wölbert (abgerufen am 09.01.2019 um 19:48)

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